8. Dezember 2011
Harriet Modler
Was ist zu tun, wenn nichts mehr geht? Gibt es einen Ausweg, wenn die eigenen Grenzen sichtbar werden? Destruktiver Stress führt bei jedem Menschen zum Stau. Körper und Geist befinden sich im Streik. Nicht nur der Betroffene leidet, auch Bekannte und Freunde. Wer die sensible Seite seines Selbst kontaktiert, kann eine Vorstellung über die Auswirkungen von Burnout gewinnen. Das Leben am Limit als eine Erfahrung im Dauerzustand führt selten ins Glück.
Getrieben von eigenen und fremden Erwartungen balancieren sich immer mehr Menschen durch den Alltag. Sie suchen Erfüllung in der Hoffnung auf Anerkennung. Nur noch wenige Menschen können Lob und Anerkennung ihren Mitbürgern, Kollegen oder Freunden gegenüber vorbehaltslos entgegenbringen. Noch weniger kommen ohne Anerkennung aus. Doch die Sehnsucht danach ist groß. Warum ist das eigentlich so? Vielleicht weil der Mensch durch Lob und Tadel bereits in seiner Kindheit geprägt wird. Leider ist uns nicht immer bewusst, dass diese Wertungen und Urteile gravierende Folgen haben. So ist es kein Wunder, wenn zunehmend mehr Menschen sich in dieser Spirale gefangen fühlen.
Was ist Burnout?
Ein Phänomen breitet sich aus. Tendenz steigend: Burnout! Interessanterweise haben zwei Sportler dafür gesorgt, dass Burnout hierzulande zu einem ›öffentlichen‹ Thema avancierte. Sie erinnern sich vielleicht an den Skispringer Hannawald und dem Fußballer Deisler. Beide konnten mit dem eigenen Druck und den Erwartungen der Menschen in ihrem Wirkungskreis nicht standhalten. Beide waren sehr erfolgreich, hoch talentiert und galten als jeweilige Musterknaben und Vorbilder in ihrer Disziplin. Immer das Beste geben und die Spannung ständig am obersten Level halten. Der Erfolgshunger musste in immer kürzer werdenden Intervallen gestillt werden, niemand sollte enttäuscht werden — diese Spirale der Überforderung findet in den meisten Fällen ein jähes Ende. ›Ausgebrannt sein‹ heißt die Erscheinung, die das Leben lähmt. Nichts geht mehr. Leere. Der SINN von allem scheint wie weggeblasen, wie vom Winde verweht!
Leicht könnten wir der Annahme verfallen, dass Burnout eine ›Erfindung‹ des neuen Jahrtausends ist, aber weit gefehlt: Der Begriff ›Burnout‹ wurde erstmals 1974 vom New Yorker Psychologen Dr. Herbert Freudenberger als Krankheitsbezeichnung verwendet. Beim ›Burnout-Syndrom‹ handelt es sich um einen andauernden und schweren emotionalen Erschöpfungszustand mit sowohl seelischen als auch körperlichen Beschwerden. Kennzeichen des Burnout-Syndroms sind drei Merkmale:
Das Betriebsklima als Wirtschaftsfaktor
Sollten Sie das Gefühl haben, dass Burnout in Statistiken einen beispiellosen Trend aufzeigt, dann liegen Sie absolut richtig. Anfänglich waren meist Menschen aus den pflegenden und lehrenden Berufen betroffen. Doch dieses Bild hat sich eindeutig verschoben. Die wirkenden Stressfaktoren haben Allgemeingültigkeit und ein vermehrtes Risiko besteht u. a. dort, wo Veränderungen Einzug halten. Veränderungen sind per se nichts Schlechtes, die Frage ist nur, wie können diese Prozesse konstruktiver gestaltet werden. Wo muss der Ansatz gesucht werden? Ein nicht zu unterschätzender Anker ist das Betriebsklima. Ein gutes Betriebsklima ist die beste Prävention gegen Burnout. Unternehmen können Unsummen sparen, wenn sie für ein gutes Betriebsklima sorgen. Nach Berechnungen des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts liegt der Schaden bei etwa 262 Milliarden Euro jährlich. Deutsche Unternehmen sind am Rande der Belastbarkeit angekommen. Einige Stimmen frohlocken: Die Krise ist aus ökonomischer Sicht überstanden! Das oberste Gebot lautet: Durchhalten! Das Ergebnis: Das Dauer-Erschöpfungs-Syndrom grassiert in vielen deutschen Unternehmen! Das ist der IST-Zustand.
Auswege aus der Stress-Spirale
Für alle Betroffenen ist entscheidend: Den Ausgleich im Beruf zu finden, um die Balance wieder herzustellen. Auf jede Belastung muss eine Erholungsphase folgen! Das ist wie im Sport. Ein 100-Meter-Läufer kann das Tempo nicht über 10 Kilometer halten. Logischerweise wechselt die Spannung nach einem Wettkampf in die Entspannung. Dieses sportliche Vorbild gilt auch für uns Alltagsmenschen, denn ihre ›Prüfungen‹ finden naturgemäß im Büroalltag statt. Stichwort Natur: Gönnen Sie sich Zeiten in der Natur und lassen die Stille wirken. Denken Sie über das Werden und Vergehen nach oder auch über die Rhythmen der Natur!
Doch das alles alleine reicht nicht, um einen Burnout dauerhaft zu verhindern. Firmen, die flexible Arbeitszeiten arrangieren, die sich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf widmen, für die Wertschätzung und Anerkennung keine Fremdwörter sind, können das Betriebsklima verbessern. Aber in erster Linie ist der Mitarbeiter selbst gefordert: Nur wer klar ausspricht, was ›falsch läuft‹, schützt sich langfristig vor Burnout. Wer nie lernt ›Nein‹ zu sagen, ist ein Kandidat für die Diagnose: Burnout!
Der Weg zur Selbsthilfe
Strategien, wie Sie — soweit Sie selbst oder Angehörige betroffen sind — mit solchen Situation umgehen, was Sie tun können und eben alles, was vom Burnout Betroffene wissen sollten, dazu hält der Büchermarkt mittlerweile durchaus brauchbares Material bereit. Meine Empfehlung dazu ist Ruhe. Und in dieser Ruhe nehmen Sie ein entsprechendes Buch zur Hand und beginnen langsam darin einzutauchen. Suchen Sie sich jemanden, dem Sie wirklich vertrauen können. Es gibt auch kein allgemeingültiges Rezept, weil die Auslöser primär sehr unterschiedlich sein können. Trauen Sie sich als 1. Schritt zu, die Situation anzunehmen. Der 2. Schritt ist die Hilfe durch vertrauensvolle und professionelle Personen, die nicht unbedingt aus Ihrem Bekanntenkreis stammen. Nehmen Sie Ihr Herz in beide ›Hände‹ und werden Sie aktiv — das ist der 3. Schritt!
Seien Sie ehrlich zu sich selbst und beginnen mit diesem Gedanken:
„Die ganze Kunst des Lebens beruht darauf, dass man ausspricht, was der Zauber des Augenblicks fordert.“ (Stendhal, 1783-1842, frz. Schriftsteller),
vielleicht setzen Sie einen berührenden Prozess in Gang! Um verstanden zu werden, sind immer zwei Menschen notwendig. Ich wünsche uns mehr Achtsamkeit im Alltag, dann ist das Verständnis nicht mehr weit entfernt!